Ich bin die Trauer.
Ich gehe nicht weg, auch nicht an Weihnachten. Ich bleibe dicht bei Dir, auch wenn überall schöne Lichter glänzen. Ich ducke mich und verstecke mich, damit andere mich nicht entdecken.
Aber: Ich gehe nicht weg.
Auch Dein Lächeln vertreibt mich nicht, auch keine Musik oder lustige Weihnachtskarten. Ich stelle mich hinter Dich, und wenn Du viel Spaß hast, tippe ich Dich an und erinner Dich:
Ich gehe nicht weg.
Kirchenlieder, Weihnachtsbaum, alle Familien rücken zusammen. Nur die, die fehlen, kommen nicht wieder.
Aber ich gehe nicht weg.
Die Nachbarn wünschen „Frohe Weihnacht“ und leise stehe ich neben Dir. Ich bin immer da. Mal vor Dir, mal hinter Dir und mal daneben. Wie eine Stütze. Ungewollt, immer als schlecht betrachtet und doch:
Ich gehe nicht weg.
Deine Freunde mögen mich nicht. Die Familie schweigt, wenn ich mit Dir den Raum betrete, denn ich setze mich neben alle Menschen. Die Gesellschaft übersieht mich, mich will keiner haben.
Es wird alles getan, damit ich verschwinde. Nach einigen Monaten verlangt man von den Menschen, das sie mich verdrängen und nicht beachten. Nur wenige, die es selbst erlebt haben, verstehen:
Ich gehe doch nicht weg.
Ich bin wichtig.
Ich darf sein.
Ich darf bleiben.
Ich muss beachtet werden.
Auch wenn ich kleiner werde, mal Abstand zwischen uns lasse und auch mal ein paar Tage in den Urlaub fahre:
Ich werde Dich stets begleiten.
Ich gehe nicht weg.
( S.Elvert, 2019)
(foto: https://freestocks.org/)
Ich bin die Trauer.
Das sind sehr schöne Zeilen. Ja, mir laufen Tränen.
Ja, meine Frau ist das wichtigste auf dieser Welt.
Ja, meine Frau darf, soll, muß sein.
Ja, meine Frau darf, soll, muß bleiben.
Ja, meine Frau darf, soll, muß beachtet werden.
Meine Frau ist hier. Meine Frau wird immer hier sein.
Und wieder laufen mir Tränen.